Mechanik oder Lebenskraft »

Ist der Mensch eine Maschine — nur Physik und Chemie? Oder wirkt in allen Organismen eine besondere Lebenskraft, eine vis vitalis, die das Lebendige scheidet von der toten Materie?
      Der berühmte Arzt Christoph Wilhelm Hufeland sah als Ursache aller Vorgänge im menschlichen Körper eine allgemeine Lebenskraft mit sechs Teilkräften an. Krankheit bedeutete demnach eine Beeinträchtigung dieser Kraft durch krankmachende Reize.
      Dem entgegen steht die Vorstellung, dass alles Leben sich ausschließlich aus Materie aufbaut, auch das des Menschen und des Tiers. Selbst der Geist und der menschliche Wille sind nurmehr Folgen physikalischer und chemischer Prozesse.

Die Experimente von Luigi Galvani mit toten Fröschen, deren Muskeln beim Einwirken von Elektrizität erneut zu zucken begannen, waren nicht nur der Clou auf den Jahrmärkten, sie brachten auch die Frage nach der Lebenskraft unters Volk.

Die Ansicht, dass Organisches ausschließlich von Lebewesen erzeugt werden könne, widerlegte Friedrich Wöhler, dem es 1828 gelang, Harnstoff künstlich herzustellen.
      Seit den Versuchen von Stanley Miller und Harold C. Urey im Jahr 1959 gilt die Annahme einer speziellen Lebenskraft als endgültig überholt.
      Miller und Urey bildeten in ihrer Apparatur die methanhaltige Uratmosphäre der Erde und den Urozean nach und simulierten Blitze durch elektrische Entladungen. — Nach nur einer Woche hatte sich ein Teil des Methans in andere organische Verbindungen umgewandelt, darunter mehrere Aminosäuren.
      Dies war der erste Nachweis, dass grundlegende Bausteine des Lebens unter natürlichen Bedingungen entstehen können.