Das Jahr ohne Sommer »

Das ungewöhnlich kalte Jahr 1816 ging als das Jahr ohne Sommer in die Geschichte ein. In Mitteleuropa gab es schwere Unwetter. Flüsse traten über die Ufer. In der Schweiz schneite es alle zwei Wochen.
      Grund für diese Unbilden war der Ausbruch des Vulkans Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa im April des Vorjahres. Die Explosion hatte ungefähr 150 km³ Staub und Asche sowie Schwefelverbindungen in die Atmosphäre geschleudert, die sich wie ein Schleier um den Erdball legten. Die Abkühlung des Weltklimas hielt bis 1819 an.

Die Folge waren katastrophale Missernten: In der Schweiz fiel die Heuernte ins Wasser, das Getreide konnte nur nass geerntet werden, so dass es teilweise in den Lagern verschimmelte.
      Waterloo lag nur ein knappes Jahr zurück. Die meisten Vorratsspeicher waren leer. — Die Menschen mussten sich von Gras, Kräutern oder verendeten Tieren ernähren. Kinder weideten auf den Wiesen wie Schafe. Viele starben.
      Innerhalb weniger Monate stiegen die Preise für Brot, Fleisch und Wein um das Drei- bis Vierfache. In einigen deutschen Städten wurden Bäckereien und Metzgereien geplündert. In Frankreich und England kam es zu Aufständen, in der Schweiz musste der Notstand ausgerufen werden. Tausende Europäer wanderten nach Amerika aus. Mundraub wurde zum Verbrechen.

Um künftig solche verheerenden Hungersnöte zu verhindern, gründete König Wilhelm I. von Württemberg 1818 die erste landwirtschaftliche Akademie — die heutige Universität Hohenheim.
      Der Chemiker Justus von Liebig, der als Jugendlicher den Hunger von 1816 miterlebt hatte, widmete sich in seiner Forschung dem Wachstum der Pflanzen. Er führte die Mineraldüngung ein und steigerte so die Erträge.
      Sogar die Laufmaschine von Karl Drais, ein Vorläufer des Fahrrades, verdankt ihre Entwicklung dem Pferdesterben infolge des Futtermangels nach dem Tambora-Ausbruch.