Dampfkraft gegen Pferdestärke »

Seit Thomas Newcomen 1712 die erste brauchbare Dampfmaschine gebaut und James Watt sie erheblich verbessert hatte, war die Dampfkraft vielerorts im Einsatz, zum Beispiel in den Kohlezechen, um die Gruben von Wasser frei zu halten. Den ersten Dampfwagen, der sich aus eigener Kraft auf der Straße fortbewegte, baute 1769 der französische Erfinder Nicholas Cugnot. Eine Webmaschine mit Dampfantrieb, die Power Loom, hatte 1784 Edmond Cartwright erfunden.
      Auch einzelne Dampfschiffe waren bereits auf den Flüssen unterwegs. Der 1807 gebaute Raddampfer des Amerikaners Robert Fulton, nach einem häufig angelaufenen Ort allgemein Clermont genannt, war zwar noch mit Segeln bestückt, wurde aber zwischen New York und Albany schon im Linienverkehr eingesetzt.

In der Wylam-Zeche versuchte man schon 1804, den Pferdebetrieb zwischen der Grube und dem Hafen von Lemington durch Dampfkraft zu ersetzen. Der englische Ingenieur Richard Trevithick baute dafür die erste auf Gleisen fahrende Dampflok, doch die gusseisernen Schienen zerbrachen unter der Last der Lokomotive.
      Grubendirektor William Hedley wurde 1813 durch eine eigene Entwicklung bekannt: die Puffing Billy. Diese Lokomotive war in der Lage, einen etwa 50 Tonnen schweren Zug in einer Stunde über die rund 8 Kilometer lange Strecke entlang des Tyne nach Lemington zu ziehen.

Am 27. September 1825 wurde zwischen Darlington und der Hafenstadt Stockton die erste öffentliche Eisenbahnlinie eingeweiht. Der Zug bestand aus 36 Wagen, von denen zwölf mit Kohle und Mehl, sechs mit Gästen und vierzehn mit Arbeitern beladen waren. Die Lokomotive hatte George Stephenson gebaut: die Locomotion No 1.
      Eine große Menschenmenge verfolgte die Jungfernfahrt. Die erste Strecke der Welt, auf der Passagiere mit einer Dampflokomotive befördert wurden, war etwa 35 Kilometer lang. Bei der Ankunft im Hafen von Stockton wurde der Zug mit Salutschüssen begrüßt.
      Angeregt durch den Erfolg, eröffnete 1830 eine zweigleisige, etwa 50 Kilometer lange Strecke zwischen Liverpool und Manchester. Auf diesen Schienen verkehrten keinerlei Pferdebahnen mehr. Die Rocket, wiederum von Stephenson gebaut, erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 48 km/h. Völlig neu war: Es gab erstmals einen Fahrplan für den Personen- und Güterverkehr.

In Deutschland begann das Eisenbahnzeitalter am 7. Dezember 1835 auf der Strecke zwischen Nürnberg und Fürth. Da die Beschaffung der Kohle aber sehr kostspielig war, wurde die sechs Kilometer lange Strecke noch überwiegend als Pferdebahn betrieben. Nur ein Viertel der Züge wurde von Dampfloks gezogen.

Mit Dampfkraft sollten sogar die Lüfte erobert werden. Als Erfinder des modernen Flugzeuges gilt der englische Ingenieur William Samuel Henson, der 1842 eine Dampf-Flugmaschine zum Patent anmeldete. Sie enthielt bereits alle wichtigen Bauelemente moderner Flugzeuge: Rumpf, Tragflächen, Fahrgestell, Höhen- und Seitenruder. Die Umsetzung allerdings scheiterte am Fehlen einer starken und zugleich leichten Kraftquelle. Die damaligen Dampfmaschinen waren ungeeignet.